Gustave macht sich mit einer Gruppe anderer verzweifelter Menschen auf, um die Malerin aufzuhalten, die den Menschen von Lumière regelmäßig das Leben nimmt. Das Rollenspiel Clair Obscur: Expedition 33 von Sandfall Interactive und Kepler hat sich bereits über eine Million Mal verkauft. Auch wir haben uns mit Gustave auf die Reise gemacht und kommen in unserem Claire Obscur Test zu dem Schluss: das ist keine belanglose Kunst, sondern ein Meisterwerk, das die Entwickler hier gemalt haben.
In der Ferne zeichnet die Malerin deinen Tod
Die Bewohner von Lumiére leben in einem Albtraum. Vom Hafen aus können sie in der Ferne eine Säule betrachten. Einmal im Jahr erwacht eine Malerin und malt eine Zahl auf das Bauwerk. Doch das ist keine Kunst, sondern ein Mahnmal, das den Bewohnern der Stadt zeigt, wer als Nächstes das Zeitliche segnet. Jeder, dessen Alter diese Zahl erreicht, löst sich in Luft auf. In ihrer Verzweiflung schicken die Menschen von Lumiére regelmäßig Expeditionen aus, um die Malerin aufzuhalten. Keine kehrte je zurück.

Gustave sieht am Hafen, wie die Malerin die Zahl 33 auf die Säule malt – und sieht seine Freundin in seinen Armen sterben. Auch sein eigenes Leben hat damit ein Verfallsdatum: in einem Jahr wird er selbst 33 Jahre alt. Statt tatenlos zu warten, wird er Teil der Expedition 33. Doch kurz nach dem Aufbruch wird die Expedition dramatisch ausgemerzt. Dem Tod gerade so entkommen, sucht Gustave nach weiteren Überlebenden, und setzt mit ihnen die Reise zur Zauberin fort. Dabei entwickelt sich eine spannende Story, die den unbedingten Drang auslöst, zu wissen, wie es weitergeht. Das funktioniert gerade deshalb so gut, weil das Spiel sich nicht davor scheut, zahlreiche mysteriöse Charaktere auftreten zu lassen, deren Beweggründe erst mit der Zeit ihre Erklärung finden.
Reise durch eine bizarre Welt
Clair Obscur: Expedition 33 erinnert stark an alte Final-Fantasy-Spiele – ein Grund hierfür ist die Party, die Gustave zusammentrommelt. Die Charaktere sind sehr einzigartig gezeichnet – und das zeigt sich nicht nur in ihrer Persönlichkeit. Die zweite Ähnlichkeit kommt vom Spielprinzip her – Die Party um Gustave bereits verschiedene Orte und ist zwischendrin auf einer Oberwelt unterwegs. Diese zeigt keine Fragezeichen oder Routen an, sondern lässt den Spieler selbst entdecken.

Die Reise führt an allerhand ungewöhnliche Orte. Ein Wald, der sich unter Wasser befindet. Ein Dorf, in dem ein Volk wohnt, das aussieht wie verschieden große Malerpinsel … Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass Clair Obscur: Expedition 33 von bekannten Fantasy-Arealen abweicht und kreative Wege geht.
Ein klassisches Kampfsystem mit besonderem Twist
Herz des Spiels sind die Kämpfe – und hier setzt Clair Obscur: Expedition 33 auf ein rundenbasiertes System, das dem von Final Fantasy X ähnelt – aber doch etwas Eigenes darstellt. In einem Teil des Bildes zeigt eine Liste an, wer wann im Kampf dran ist. Das ermöglicht eine gewisse taktische Planung. Aber abseits der Kampfbefehle geht es hier auch darum, in Quick-Time-Events die richtigen Tasten zu drücken. So kann die Stärke der Attacke erhöht werden. Insbesondere aber gilt es, Angriffen auszuweichen, sie zu blocken oder im richtigen Moment zu springen.

Der Erfolg in den Kämpfen hängt somit nicht nur vom Level der Charaktere ab, sondern auch von der eigenen Reaktionsfähigkeit. Unfair sind die Kämpfe aber nicht, da es gut möglich ist, die Muster der Gegner nach einigen Versuchen zu erlernen. Noch dazu bietet das Spiel drei Schwierigkeitsgrade, die die Kämpfe entweder noch schwerer oder deutlich leichter machen. Neben Zaubern gibt es die Möglichkeit, Waffen zu verbessern und bestimmte Items anzulegen, die dem Charakter Buffs übertragen. Dabei hat jeder der Charaktere noch einen eigenen Spielstil. Auch hier geht das Spiel aber eigene Wege und orientiert sich nicht an typischen Charakterklassen wie Dieb oder Magier. Gegner und Bosse sind dabei so originell wie die Spielwelt selbst.
Feuerwerk der Atmosphäre ohne Langeweile
Kämpfe, Story und Welt präsentiert das Spiel in einer Weise, die den Entdeckungsdrang weiter steigern. Während bei vielen Rollenspielen bei Standardkämpfen eine immer gleiche Melodie dudelt, hat bei Clair Obscur: Expedition 33 jedes Gebiet seine eigene Kampfmusik. Der ganze Soundtrack ist dabei ein Fest für die Ohren – mal melancholisch, mal rasant. Dazu kommt, dass die Grafik wunderschön ist und Entwickler und Publisher das Spiel in einem fantastischen technischen Zustand auf den Markt geworfen haben.
Das ist für das Debut eines 30-Entwickler-Studios schon bemerkenswert. Das heißt auf der anderen Seite aber auch, dass das Spiel an Nebenaufgaben nicht aus allen Nähten platzt. Aber das muss es auch gar nicht! Was das Spiel vor allem schafft, ist es, den Eindruck einer mysteriösen Welt mit vielen Geheimnissen zu erwecken. Überall in der Welt verteilt sind Nachrichten vorheriger Expeditionen. Die Suche danach passt genauso gut zur Story, wie das Erforschen optionaler Gebiete, die mehr über diese originelle Welt erzählen – und den einen oder anderen optionalen Bossgegner parat halten.

Fazit: Der erste Game-Of-The-Year-Kandidat
Clair Obscur: Expedition 33 schafft es, mit seiner Mischung aus düsterer Story, lebendigen Charakteren, einem rundenbasierten Kampfsystem und der geheimnisvollen Welt mit ganz vielen kreativen Elementen einen Sog zu entwickeln, der es schwer macht, das Gamepad aus der Hand zu legen. Die Story und das Kampfsystem stehen klar im Vordergrund. Dennoch gibt es Dinge zu entdeckten, und diese sind zwar nicht zu sehr versteckt, aber werden dem Spieler nicht einfach vor die Nase gesetzt. Somit ist Clair Obscur: Expedition 33 ein klassisches JRPG in modernem Gewand, das mit dem Kampfsystem trotzdem innovative Wege geht. Das wäre allein schon ein gutes RPG. Die großartige Präsentation aber sorgt dafür, dass Clair Obscur ein wirklich großartiges Spiel geworden ist. Ein Albtraum ist dies höchstens für große AAA-Studios. Denn dieses Spiel zeigt, dass Rollenspiele nicht immer gleichen Mustern wie mit belanglosen Nebenquests aufgeblähten Open Worlds folgen müssen. Clair Obscur: Expedition 33 ist damit eine klare Kaufempfehlung für alle, die eine düstere Fantasystory erleben wollen und Lust auf ein interessantes Kampfsystem haben.
Getestet wurde das Spiel auf einer Playstation 5 Pro.
Artikelbild und Screenshots: Kepler Interactive Limited, Video: @Sandfall Interactive.